Hashtag Women In AML

Anti-Financial Crime

Women in AML

Unter dem Hashtag #womeninaml bildet sich seit einiger Zeit in Social Media Portalen eine eigene virtuelle Community aus Frauen, die sich gemeinsam und/oder in ihren Finanzinstituten gegen Finanz- und Wirtschaftskriminalität engagieren.

Sei es auf Twitter, LinkedIn oder anderen sozialen Netzwerken – über diese Hashtags verbinden sich Frauen auf der ganzen Welt, um sich über Themen und Bewegungen im Bereich AFC auszutauschen.

Bis vor einigen Jahren war die gesamte Finanzwelt noch sehr männerorientiert, und nur wenige Frauen hatten eine Führungsposition, und auch die Zahl der Frauen, die Finanzwissenschaften studierten, war relativ gering. In der Finanzwelt zeichnet sich jedoch mittlerweile ein Wandel ab, und Frauen haben begonnen, viele führende Positionen des Finanzsektors, wie z.B. im Risikomamanagement oder Compliance zu übernehmen. [1] 

Ein Umschwung im Bildungswesen in den 70er Jahren ermöglichte den Frauen qualifizierte Abschlüsse an Hochschulen zu erlangen. Damit änderte sich auch die Lebensplanung vieler Frauen: Der Beruf war fortan nicht mehr nur eine vorübergehende Tätigkeit bis zur Hochzeit, sondern der Lebensmittelpunkt. Somit konnten auch Frauen Verantwortung in Unternehmen, Regierungspositionen und im öffentlichen Dienst übernehmen. [2] 

#WomenInAFC

Die Autoren
Kathleen Lerch
Managerin

Table of Content

Frauen, Kriminalität und Karriere

Niedrige Anteile weiblicher Täter

Interessanterweise sind die kriminellen Subkulturen hauptsächlich männlich dominiert. Die Kriminalpolizei Deutschlands bezieht sich auf diverse Studien zu Occupational und Corporate Crime und zeigen damit dass, die Anteile von Täterinnen deutlich unterhalb von 20% liegen. [3]

Die Erklärung für diese deliktspezifischen Unterschiede ist bemerkenswert. Frauen scheuen eher als Männer aufgrund ihrer Sozialisation Gewalt und auch den offensichtlichen Rechtsbruch wie bei einem Einbruch oder Raubüberfall. Sie besitzen eine generell höhere moralische Orientierung und Risikoaversion, d.h. Frauen sind aufgrund ihrer Sozialisation weniger materiell und stattdessen stärker sozialintegrativer, verantwortungsbewusster und sozialaltruistischer orientiert als Männer. Das führt dazu, dass Wirtschaftskriminalität mit gravierenden Schäden eher unterlassen wird. Frauen verfügen aufgrund ihrer Sozialisation im Allgemeinen nicht nur über eine bessere Selbstkontrolle als Männer, sondern auch über ein höheres soziales Commitment. Diese sozialisatorische Prägung lässt Frauen gerade im beruflichen Kontext vorsichtiger, überlegter und verantwortungsbewusster handeln, während es Männern leichter fällt, den Erfolg über alles zu stellen. [5]

Erklären lässt sich der aktuell noch niedrigere Anteil von Wirtschaftsdelikten durch Frauen auch damit, dass diese noch deutlich seltener in Führungspositionen vertreten sind. Der Anteil bei schweren Straftaten von Unternehmen fällt mit 9% außerordentlich gering aus. Allerdings befanden sie sich überwiegend in unteren Positionen (62%). Dies machte ihren Tatbeitrag weniger bedeutend (51%). [6]

Hinzu kommt, dass laut einer norwegischen Studie, welche primär Fälle von Occupational Crime untersuchte, dass die niedrigere Kriminalitätsrate auch darauf zurückzuführen sei, dass es keine rein weiblichen kriminelle Netzwerke gebe. Frauen seien lediglich ein Teil von gemischten Netzwerken. Den Großteil (59%) machen allerdings rein männliche Netzwerke aus. [7]

Prävention durch Karrierefrauen?

Ein Vergleich mit Ländern wie Norwegen, in denen der Anteil von Frauen in Führungsfunktionen deutlich höher ist, verharrt der Anteil weiblicher Wirtschaftsstraftäter auf niedrigen 7%. Zum Zeitpunkt der Studie betrug der Anteil weiblicher Führungskräfte in norwegischen Aufsichtsräten 40% und in höheren Managementpositionen 35% in der Privatwirtschaft. [8] 

Auch in anderen Ländern sind Frauen nachgewiesen weniger korruptions- und betrugsgefährdet. [9]

Abschließend lässt sich sagen, dass die Karriereförderung von Frauen einen großen Beitrag zur Kriminalprävention, sowie zur Chancengleichheit darstellen würde. Denn präventive Maßnahmen, sowie die berufliche Sozialisation sind unverkennbar stärker als Gelegenheiten oder Verführungen, also kriminalitätsfördernden Faktoren. [3]

Kriminalität in der Wirtschaft

Wirtschaftskriminalität gibt es bereits so lange, wie es wirtschaftliches Verhalten gibt. Dominierten in den 2000-Jahren die Fälle von Enron, Barings-Bank, Biodata und Mannesmann/Vodafone, steigerte der Wirecard-Fall zuletzt die öffentliche Aufmerksamkeit und das Kriminalitätsbewusstsein im Hinblick auf Bilanzmanipulationen, Kapitalanlagebetrug, Untreue, Industriespionage, Korruption und weitere Delikte.[4]

Seit Jahrtausenden (konkret mit dem Eintritt der Menschheit in die sogenannte Agrargesellschaft vor 11.500 Jahren) tauschen Menschen Geld gegen Waren und Dienstleistungen. Und genauso lang gibt es auch die sogenannte Finanzkriminalität. Betrug, Bevorteilung, Diebstahl etc. begleiten die Finanzwirtschaft seitdem.

Der Begriff Finanzkriminalität meint speziell die Kriminalität, die sich gegen das Eigentum anderer richtet. Natürlicherweise liegt das Ziel darin, das illegal erworbene Eigentum auf verschiedene Art und Weise zum persönlichen Vorteil (des Täters) umzuwandeln und zu nutzen. Finanzkriminalität kann in verschiedenen Formen auftreten, und ist überall auf der Welt vorzufinden, vorzugsweise im Finanzsektor. Die wichtigsten bzw. häufigsten Delikte sind Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Betrug, Steuerhinterziehung, Unterschlagung, Fälschung und Identitätsdiebstahl. Im deutschen Rechtsraum gibt es übrigens bis heute keine Legaldefinition, d.h. es gibt keinen definierten Rechtsbegriff.

Die Bekämpfung von Finanzkriminalität beschäftigt nicht nur Regierungen auf der ganzen Welt, sondern insbesondere die vielen Risikomanagement- und Compliance-Einheiten aller Finanzinstitute, aber auch unsere WIACON Frauen im Bereich Anti-Financial Crime:

WIACON Stories

Über Umwege zum Traumjob

Auch ich bin mittlerweile eine der vielen Women in AFC. War das von Anfang an mein Plan? Tatsächlich eher nicht. Als kommunikativer Menschenfreund habe ich mich für ein Psychologiestudium entschieden, spezialisierte mich aber schnell in Richtung Wirtschaft und erlebte spannende Jahre in HR Projekten. Faszinierend fand ich als Psychologin bereits damals die kriminellen Abgründe der Menschen gepaart mit den Möglichkeiten, aber auch Grenzen der Technik. Stets begleitet von dem Ehrgeiz noch schlauer und schneller zu sein als die Kriminellen.

Netzwerken viel mir schon immer leicht und so fügte sich durch meine offene, interessierte Art eines zum anderen. Zum einen habe ich meinen Ehemann, Andreas Winde, kennen gelernt, der schon lange selbstständig im Bereich Anti Financial Crime tätig ist und mit dem ich heute als Geschäftsführerin unserer Unternehmensberatung zusammen arbeite. Zum anderen konnte ich mich mit vielen interessanten Menschen aus der AFC Welt vernetzen und profitiere täglich von diesem Austausch.

Klassisches Schubladendenken?

In einem meiner aktuellen Projekte hatte ich gerade die Projektmanager-Rolle in einer Lebensversicherungsgesellschaft übernommen, als ich mich zum ersten Mal per Video mit einem Vorstandsmitglied des Unternehmens ausgetauscht habe. Ich konnte die ersten skeptischen Eindrücke des Chief Compliance Officers spüren, der mich als ziemlich jung, weiblich und mit einem anderen Akzent einordnete. Nachdem ich jedoch sehr strukturiert und zielorientiert das Gespräch geführt hatte, stieg mein Gegenüber auch aktiv in den Gesprächsfluss ein und alles lief gut. Im Nachgang bedankte er sich bei mir für das Gespräch und kurz darauf trafen wir uns zu einem Networking-Kaffee.

Keine Frage, der erste Eindruck ist wichtig; Kompetenzen und echtes Können sind jedoch noch wichtiger.

Compliance Officer in 31 Ländern

Ich habe in den letzten vier Jahren ein globales Einführungsprojekt für ein Sanktionsscreening-Tool geleitet, bei dem ich mit verschiedenen Teams aus 31 Ländern zusammengearbeitet habe. In dieser Zeit war es eine sehr angenehme Arbeitserfahrung, eine hohe Anzahl von Frauen im Compliance-Bereich arbeiten zu sehen. Das zeigt, dass sich immer mehr Frauen für diesen Bereich interessieren und dass sie auch motiviert sind, höhere hierarchische Arbeitspositionen zu erreichen.
Was den Hintergrund betrifft, so hatte die Mehrheit der weiblichen Compliance Officer eine juristische Ausbildung, es gab jedoch auch einige Quereinsteigerinnen. Insgesamt war dies eine gute Mischung für den Wissensaustausch und eine wertschätzende Zusammenarbeit.

75% Frauen im Leadership Team

Als Third Party Risk Management Advisor unterstütze ich die Mitarbeiter eines internationalen Pharmakonzerns bei der Risikobewertung neuer Drittanbieter. Sowohl in der Muttergesellschaft in Großbritannien als auch in der deutschen Gesellschaft wird das Leadership Team von Frauen angeführt. In meinem direkten Arbeitsumfeld arbeite ich zu 75 Prozent mit weiblichen Kollegen zusammen, was für mich eine neue Erfahrung ist. Meine Aufgaben sind extrem fordernd und angenehm zugleich. Wir arbeiten strukturiert auf Augenhöhe zusammen, respektieren verschiedene Meinungen und hinterfragen regelmäßig, wie wir noch besser werden können. Denn wir haben alle das gleiche Ziel: Gemeinsam bestmögliche Lösungen für die Kunden zu erzielen. Achtung und Wertschätzung von Kollegen und Kooperationspartnern sind nicht von der Herkunft oder Bildung abhängig - und erst recht nicht von dem Geschlecht.

Kathleen Lerch
Managerin

Weitere Artikel

Quellen / Verweise:

[1] Deloitte, 2020, “Diversifying the path to CEO in financial services”, Link: Gender diversity and inclusion in financial services | Deloitte Insights, Accessed: 25.07.2022 

[2] Anne Obenaus (Autor:in), 2004, Die Rolle der Frau im Wandel der Zeit von 1871 bis heute, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109184

[3] Prof. Dr. jur. Kai-D. Bussmann, 2019, Die Kriminalität der Wirtschaft – Prävention durch Frauen und Compliance, Halle, Die Kriminalpolizei – Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei, https://www.kriminalpolizei.de/ausgaben/2019/detailansicht-2019/artikel/praevention-durch-frauen-und-compliance.html 

[4] Olga Gillich (Autor:in), 2010, Wirtschaftskriminalität – Phänomenologie und aktuelle Bekämpfungskonzepte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170774

[5] Bussmann, Kai-D. (2016): Wirtschaftskriminologie, Band I, Rn. 985 ff.

[6] Steffensmeier, Darrell/Schwartz, Jennifer/Roche, Michael (2013), Gender and Twenty-First-Century Corporate Crime: Female Involvement and the Gender Gap in Enron-Era Corporate Frauds, American Sociological Review 78 (3), S. 449.

[7] Benson, Michael/Gottschalk, Petter (2015), Gender and white-collar crime in Norway: An empirical study of media reports, International Journal of Law Crime and Justice 43, S. 548 f.

[8] Reimann, Anna (2012), A Laboratory for the Advacement of Women: www.spiegel.de/international/europe/how-norway-led-the-way-in-gender-quota-success-a-835738.html (abgerufen 26.06.2019).

[9] Bakhtiari, Sadegh (2006), Microfinance and poverty reduction: some international evidence, International Business and Economics Research Journal 12/2006, S. 65. Wichterich, Christa (2012), Mikrokredite und die Entdeckung der Frauen, Zeitschrift Luxemburg 4/2012, www.zeitschrift-luxemburg.de/mikrokredite-und-die-entdeckung-der-frauen/ (abgerufen 26.06.2019).

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